Nachhaltige Aufarbeitung

Ein Schutzkonzept kann nur dann ausreichend wirksam sein, wenn man bei dessen Erarbeitung den Blick in die Vergangenheit nicht scheut, Verantwortung für das übernimmt, was möglicherweise geschehen ist, und bestehende Strukturen und Bedingungen hinterfragt.

Wenn innerhalb unserer Gemeindestrukturen sexuelle Gewalt verübt wurde und Maßnahmen zum Schutz der Opfer erfolgt sind, muss eine Aufarbeitung dieser Krise folgen. Die Aufarbeitung kann dazu beitragen, dass die betroffene Gemeinde wieder stabilisiert und handlungsfähig wird und dass aus dem Vorfall Folgerungen für die zukünftige Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen gezogen werden.

Aufarbeitung hilft auch bereits zeitlich weiter zurückliegende Missbrauchserfahrungen, die für die Planung und Umsetzung aktueller Schutzfaktoren analysiert werden sollten. Hierzu können die Erfahrungen von Betroffenen einen wichtigen Beitrag leisten.1 Von ihnen können wir lernen, wie bessere Schutzräume geschaffen werden können und was noch nötig ist, um sexueller Gewalt nachhaltig zu begegnen. Dabei sollten sie nicht als Opfer angehört werden, sondern als wichtige Impulsgeber vor dem Hintergrund ihres persönlichen Erlebens.

Ein offener Umgang mit dem Scheitern, das jedes Delikt sexueller Gewalt beinhaltet, ist nicht leicht. Die Aufarbeitung erfordert Zeit und Kraft. Aber nur was – in angemessenem Rahmen – analysiert und besprochen wird, kann dazu beitragen, Fehler nicht zu wiederholen und Veränderungen herbeizuführen. Schweigen hilft nur, die Täter zu decken.

1 In der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland gibt es schon seit vielen Jahren organisierte Treffen für Betroffene von sexueller Gewalt. Diese „Stillen Wochenenden“ werden unter Wahrung der Anonymität der Betroffenen vom Fachbeirat organisiert und durchgeführt.

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